Zahlungsdienstleister Wirecard meldet Insolvenz an

Privatanleger, die glaubten bei einem DAX notierten Unternehmen Gewinne zu erzielen, hatten Wirecard hochgejubelt, nun stehen viele vor dem Ruin. Sie hielten dem Vorstand trotz aufkommender Zweifel am Geschäftsmodell die Treue. Ein Fehler, wie nicht erst heute klar ist.

Heinrich Schreiber, 06. Juli 2020

Ein DAX notiertes Unternehmen welches auch noch von der BaFin (Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht) kontrolliert wird, genießt bei Anlegern einen guten Ruf. Mehrere Jahrzehnte machte der „Graue Markt” am Finanzhimmel Negativschlagzeilen.  Zwar hat so manchen Privatanlager auch bei der »Telecom-Aktie« aufs „falsche Pferd” gesetzt, aber Wirecard machte vermeintlich gute Gewinne.  Aber der Schein trog. Selbst als der Aktienkurs um 50% nachgab haben Anleger Aktien „nachgekauft”. „Greife nicht in ein fallendes Messer” ist eine Redewendung unter Kapitalanlegern, aber die Gier war stärker als jede Weisheit von André Kostolany.

Ein System, aufgebaut mit kapitalistischen Möglichkeiten und auf Betrug | Photo: YouTube

Inzwischen soll bekannt sein, die Angaben für die Bilanzen wurden bei Wirecard gefälscht. Wirecard hat eingestanden, dass in der Jahresbilanz 1,9 Milliarden Euro fehlen und das Geld bei zwei philippinischen Banken vermutlich gar nicht existiert. In Asien wurden Milliardenumsätze erzielt, die möglicherweise durch Scheinfirmen dargestellt wurden. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat inzwischen Änderungen bezüglich der Finanzaufsicht angekündigt. Vergleichbare Novellierungen der Finanzgesetze (davon gibt es unterschiedliche) hat es allerdings schon immer gegeben. Das System, aus Geld Geld zu machen, schert sich um keine Novellierung. Treffend spricht die Hollywood-Filmindustrie dann auch von Geld schläft nicht oder hinter vorgehaltener Hand verächtlich: „Wo ein Wille ist – ist auch ein Gebüsch!” 

Diesen Finanzjongleuren das Handwerk zu legen ist ein naiver Wunsch. Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Fabio De Masi, begrüßte mehr Kontrolle der BaFin und unterscheidet sich damit kaum von kritischen Äußerungen der FDP.

„Dies muss im Zeitalter von Fin-Tech und digitalen Geschäftsmodellen unabhängig davon erfolgen, ob ein Unternehmen einen hohen technologischen Anteil hat – solange es finanznahe Dienste erbringt. Zudem muss stärker in die digitale Forensik bei Bilanzprüfungen investiert werden, damit Prüfer nicht mit dem Bleistift bewaffnet vor Weltkonzernen stehen.“

sagte de Masi dem „Handelsblatt“.

Und der Finanzexperte der Grünen, Danyal Bayaz, fiel – aus der Hüfte schießend – folgende Kritik ein, der Finanzminister habe:

„die Neuaufstellung der Aufsicht verschlafen“. Er müsse nun „die Aufsicht so aufstellen, dass der nächste Skandal bestmöglich verhindert wird. Die Aufsicht muss ernst genommen und von jenen, die womöglich auf dumme Gedanken kommen, gefürchtet werden.“

So lange der bürgerliche Raubtierkapitalismus (auch wenn er sich als soziale Marktwirtschaft bezeichnet) existent ist und nicht vernichtend gestürzt wurde, steht der nächste Skandal schon in der Warteschleife. Olaf Scholz glaubt, genauso wie die Linkspartei, es müsse eine umfangreiche Reform der Gesetze her. Dieses Nebelkerzen werfen zeigt nur, dass ein Verhindern derartiger Finanzaktionen so gut wie nicht möglich ist. Die BaFin weiß nicht einmal, wen sie eigentlich prüfen soll. Wirecard ist lediglich ein Finanzdienstleister. Im Hintergrund steht die Wirecard-Bank. Wer aber glaubt, der Kapitalismus könne reformiert werden, hat die Gesetzmäßigkeit des Systems nicht verstanden oder will es absichtlich verschweigen.  Aber die SPD, Linkspartei und Grüne reden der werktätigen Bevölkerung genau diesen Reformismus ein. Es könnte ja sein, das die arbeitenden und fortschrittlichen Menschen, die Angestellten, Bauern, Künstler und auch die fortschrittlichen Intelligenz feststellen, dass eine Gesellschaft ohne diese Kapitalistenklasse vorteilhafter ist und den Kapitalismus auf den Müllhaufen der Geschichte katapultiert.

 

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Über Heinrich Schreiber 168 Artikel
Als inzwischen „Best Ager", ist die berufliche Vita schon etwas umfangreicher. Gelernter Photokaufmann, tätig als Werkzeug- und Kopierschleifer im Einzelakkord, aber auch viele Jahre als selbständig tätiger  Wirtschaftsberater waren Heinrich's beruflichen Herausforderungen. Bereits im Alter von 13 Jahren ist Heinrich mit Polizeigewalt bei einer Demonstration in der Kieler Innenstadt in Berührung gekommen. Hintergrund war der Schahbesuch 1967 in Berlin und die Erschießung des Studenten Benno Ohnesorg durch die Berliner Polizei. Das hat ihn sehr früh politisiert und seine zukünftigen Aktivitäten als Jugendvertreter und in der Gewerkschaftsjugend, in der Roten Garde Kiel/ML und später KPD/ML waren daraufhin logische Konsequenz. Heinrich ist Vater von vier erwachsenen Kindern und begleitet das politische Geschehen mit Berichten und Kommentaren aus marxistisch-leninistischer Sicht.

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