Stauffenberg wird zu Unrecht als Held gefeiert. Denn er war ein Faschist, der den Krieg liebte, solang seine Armee gewann.
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Ich muss es zugeben, sehr lange Zeit habe ich mir gar keine Gedanken über Stauffenberg gemacht und speicherte in Gedanken das, was in Schule und den öffentlichen Medien zum Thema Attentat auf Hitler gesagt und geschrieben wurde. Ja und irgendwann kamen Zweifel an dieser Darstellung auf, weil auch bekannt war, dass eine Reihe von Offizieren lieber mit den westlichen Alliierten Frieden geschlossen hätten um gegen Sowjetrussland den Kampf zu führen, denn alleine hielten sie den Feldzug als nicht „gewinnbar“. Ich freue mich, dass der Artikel von Hans Krause sowohl bei MARX21 als auch in der marxistisch – leninistischen Onlinezeitung ROTER MORGEN erschien und stelle ihn hier ebenso zur Verfügung.
Heinrich Schreiber
Hans Krause • 05. August 2020
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Waren alle Deutschen Nazis? Natürlich nicht, darin sind sich die meisten einig, denn es gab ja auch Widerstand. Doch als Beispiel dafür wird häufig ausgerechnet Claus Graf von Stauffenberg aufgeführt, der Hitler lange unterstützt hatte und ihn 1944 nur stürzen wollte, weil der Krieg verloren war.
„Der Gedanke des Führertums (…) verbunden mit dem einer Volksgemeinschaft, (…) der Kampf gegen den Geist der Großstädte, der Rassengedanke und der Wille zu einer neuen deutschbestimmten Rechtsordnung erscheinen uns gesund und zukunftsträchtig“, schrieb Stauffenberg Anfang der 1930er-Jahre, noch vor der Machtübertragung an die Nazis. Heute wird er gefeiert, weil er die Bombe ablegte, die Hitler beinahe getötet hätte. Doch Stauffenberg konnte dem Diktator nur so nah kommen, weil er sein langjähriger Anhänger gewesen war.
Stauffenberg als rechter Pfadfinder
Geboren wurde Stauffenberg 1907 als Sohn reicher Adliger im familieneigenen Schloss Jettingen bei Augsburg. Sein Vater Alfred von Stauffenberg war in Stuttgart bis zur Revolution 1918 Leiter des Hofstaats von Wilhelm II., König von Württemberg. Während seiner Kindheit wohnte Claus am Stuttgarter Hof und in einem weiteren Schloss der Familie in Albstadt.
Er war aktiv in der Bündischen Jugend, einer deutschlandweiten Pfadfinder-Organisation, die eine rechte Umgestaltung anstrebte. Der Verband wollte eine neue Elite patriotischer Männer ausbilden, die später die Gesellschaft führen sollte. Als Jugendlicher schrieb Stauffenberg selbst Gedichte und gehörte zum Unterstützerkreis des rechten Dichters Stefan George.
Dort wurde über eine angeblich übersinnliche Kraft des deutschen Volkes gesprochen, die es allen anderen überlegen mache. Propagandaminister Joseph Goebbels bot George nach der Machtergreifung 1933 die Leitung einer nationalsozialistischen Deutschen Akademie für Dichtung an. George lehnte jedoch ab.
Offiziersschüler und Jahrgangsbester
Stauffenberg begann 1926 nach dem Abitur die Ausbildung zum Armee-Offizier, schloss als Jahrgangsbester ab und wurde 1930 zum Leutnant ernannt. Er wurde nie Mitglied der NSDAP, unterstützte jedoch bereits bei der Präsidentenwahl 1932 Adolf Hitler gegen Wahlsieger Paul von Hindenburg. Am 30. Januar 1933, dem Tag der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, nahm Stauffenberg an einer Demonstration zur Feier dieses Ereignisses Teil. Später stand er einem Künstler Modell für eine riesige Soldatenstatue der Nazi-Regierung.
Stauffenberg glaubte, die Nationalsozialisten führten eine notwendige Bewegung der nationalen Erneuerung an, die mit der Demokratie der Weimarer Republik aufräumen müsse. Für einen entscheidenden Teil dieser Erneuerung hielt er auch die „Bereinigung der deutschen Rasse“ und das „Ausmerzen jüdischen Einflusses“.
„Das einzig braune Familienmitglied“
In der Wehrmacht unter Hitler schrieb Stauffenberg militärwissenschaftliche Studien und wurde 1937 zum Rittmeister befördert. Ein Verwandter beschrieb ihn damals in Anspielung auf die Parteifarbe der NSDAP als das „einzig braune Mitglied der Familie“.
1938 war er an der Besetzung des Sudetenlandes beteiligt. Den Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 empfand Stauffenberg als „Erlösung“. Er wurde im Krieg gegen Polen eingesetzt und schrieb von dort seiner Frau Nina: „Die Bevölkerung ist ein unglaublicher Pöbel. Viele Juden und viel Mischvolk. Ein Volk, welches sich nur unter der Knute wohlfühlt. Die Gefangenen sind (…) in Deutschland gut zu gebrauchen, arbeitsam, willig und genügsam.“
Nicht gegen den Krieg, nur gegen das Verlieren
1940 wurde Stauffenberg zum Hauptmann ernannt und nahm am Krieg gegen Frankreich teil. 1941 unterstützte er das Zusammenlegen des Oberbefehls des Heeres und der gesamten Wehrmacht auf Hitler und wurde zum Major befördert. Erste Zweifel an der Hitler-Regierung hatte Stauffenberg damals nicht wegen Politik, Ideologie oder dem Krieg an sich, sondern weil er speziell den Krieg gegen die Sowjetunion nicht für gewinnbar hielt.
Zudem vertrat er die Vorstellung, die osteuropäischen Völker würden dankbar unter der gütigen Herrschaft Nazi-Deutschlands leben können. Diese Dankbarkeit sah Stauffenberg aber durch die Ermordung von Millionen Zivilisten, Kriegsgefangenen und insbesondere der Juden gefährdet. Er glaubte, die Hitler-Regierung verrate die wahren Ideale des Nationalsozialismus. Trotzdem kämpfte Stauffenberg weiter für die Wehrmacht und wurde im Januar 1943 zum Oberstleutnant ernannt.
Im Mai 1943 wurde Stauffenberg mit dem Deutschen Kreuz in Gold für besondere Leistungen im Krieg ausgezeichnet.
Militärdiktatur statt Demokratie
Erst im Herbst 1943, als die US-amerikanische und britische Armee bereits in Italien gelandet und die sowjetische bis Weißrussland vorgedrungen war, hielt Stauffenberg den deutschen Krieg endgültig für verloren und nahm in Berlin erstmals Kontakt mit anderen Offizieren auf, die Hitler stürzen wollten.
Auch diese standen dem Nationalsozialismus ganz überwiegend nahe. So ermordete die Einsatzgruppe B in der Sowjetunion unter dem Kommando von Stauffenbergs späterem Mitverschwörer SS-Gruppenführer Arthur Nebe mindestens 40.000 Zivilisten. Wolf-Heinrich von Helldorf war Polizeipräsident von Berlin und wurde von Goebbels 1938 gelobt: „Helldorf überreicht mir eine Aufstellung der gegen die Juden getroffenen Maßnahmen. (…) Auf diese Weise treiben wir die Juden (…) aus Berlin heraus.“
Die Gruppe um Stauffenberg strebte nach der Ermordung Hitlers eine Militärdiktatur an, die Krieg und Holocaust beenden sollte. Ausdrücklich lehnte sie jedoch auch langfristig jede Form von Demokratie ab, ausgedrückt durch ihre Parole: „Kein zurück zu Weimar!“
Stauffenberg zweifelte am Sinn des Attentats
Dass sich ihre Forderung über die Ausdehnung Deutschlands im Juli 1944 auf das Gebiet vor der Nazi-Herrschaft beschränkte, lag nicht an der Ablehnung von Eroberungen durch Krieg, sondern an der militärisch aussichtslosen Lage von Deutschlands. Noch im Mai hatten die Verschwörer nach der Ermordung Hitlers Friedensverhandlungen auf der Grundlage eines Deutschlands geplant, zu dem auch Österreich, das italienische Südtirol und das tschechoslowakische Sudetenland gehören sollten. Das französische Elsass-Lothringen sollte ein eigenständiger Staat und eine starke Wehrmacht erhalten werden.
Als die Armeen der Alliierten im Juni in Frankreich landeten, zweifelte Stauffenberg zunächst, ob es noch Sinn machte, Hitler zu stürzen. Denn er sah für die neue deutsche Regierung keine ausreichend starke Verhandlungsposition mehr.
Und auch im Juli sollte der Krieg nach dem Staatsstreich vorerst weitergeführt werden. So hieß es in dem vorbereiteten Aufruf an die Wehrmacht: „Soldaten! Noch ist die Stunde nicht gekommen, sich dem Gedanken des Friedens hinzugeben. Noch müssen wir kämpfen (…), bis ein ehrenvoller Ausgang des Krieges gesichert ist.“
„Wir verachten die Gleichheitslüge“
Einige Tage vor dem Attentat legten die Verschwörer einen gemeinsamen Eid ab, in dem es unter anderem heißt: „Wir bekennen uns (…) zu den großen Überlieferungen unseres Volkes, die (…) in germanischem Wesen das abendländische Menschentum schufen. Wir wollen eine neue Ordnung, (…) verachten aber die Gleichheitslüge und fordern die Anerkennung der naturgegebenen Ränge.“ Mit „Gleichheitslüge“ war die Gleichwertigkeit aller Menschen und mit „naturgegebenen Rängen“ die angebliche Überlegenheit des deutschen Volkes gemeint.
Nachdem Hitler das Attentat am 20. Juli überlebte, konnten der Staatsstreich verhindert und die Offiziere um Stauffenberg verhaftet und ermordet werden. Sein letzter Ausruf vor der Erschießung war: „Es lebe das heilige Deutschland!“
War der Widerstand gegen die Nazis also selbst rechtsradikal? Keineswegs. Denn die Offiziere um Stauffenberg waren nur ein sehr kleiner Teil der vielen Menschen, die sich gegen die Hitler-Diktatur wehrten. Die meisten kamen aus der Arbeiterbewegung, insbesondere dem kommunistischen Teil.
Robert Havemann arbeitete im Widerstand
Obwohl viele Kommunisten, Sozialdemokratinnen und Gewerkschafter kurz nach der Machtübernahme verhaftet wurden, gelang es immer wieder, illegale Widerstandsgruppen zu organisieren. So war die Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe mit 300 Mitgliedern in über 30 Betrieben die größte Widerstandsgruppe in Hamburg. Sie unterstützte Zwangsarbeiterinnen und Kriegsgefangene, verteilte Flugblätter gegen die Nazi-Herrschaft und sabotierte die Rüstungsproduktion in den Werften. Etwa die Hälfte der Mitglieder wurde verhaftet, 70 von ihnen hingerichtet.
Die „Transportkolonne Otto“ schmuggelte ab 1933 aus der Schweiz politische Zeitungen und Flugblätter, Lebensmittel und sogar Waffen für Verfolgte über Rhein und Bodensee nach Südwestdeutschland. In Berlin versteckte die Widerstandsgruppe „Europäische Union“ ab 1943 Verfolgte und beschaffte gefälschte Ausweise, Nahrungsmittel und Informationen für die Flucht. Gründungsmitglied war der Kommunist und spätere SED-Kritiker in der DDR, Robert Havemann.
„Die innere Front“ regelmäßig verteilt
Ebenfalls in Berlin gab es den Schulze-Boysen/Harnack-Kreis, ein Netzwerk aus etwa 100 Menschen, das ebenfalls Verfolgten zur Flucht verhalf und Flugblätter über die Kriegsverbrechen der Wehrmacht verbreitete. Ab 1941 wurde die regelmäßige Druckschrift „Die innere Front“ verteilt, mit Informationen über die Niederlagen der Armee und die wirtschaftliche Lage in Deutschland, ebenso wie mit Aufrufen zum Widerstand und ausländischen Radiofrequenzen.
Dutzende weitere illegale Organisationen und viele tausend Einzelpersonen versteckten Verfolgte, verbreiteten Informationen, sabotierten Betriebe oder überbrachten Lebenszeichen von Kriegsgefangenen an Angehörige, während die Nazi-Regierung behauptete, die sowjetische Armee würde alle gefangenen deutschen Soldaten sofort ermorden.
Hätte Stauffenberg den Krieg beendet?
Hinzu kommt der Widerstand von Millionen Menschen in den von Deutschland eroberten Gebieten. In Frankreich, Italien, Jugoslawien, Griechenland und vielen anderen Ländern kämpften Hunderttausende teils bewaffnet gegen die deutsche Besatzung, zerstörten Waffen und Material, töteten deutsche Soldaten und unterstützten die Alliierten Armeen mit entscheidenden Informationen.
Niemand weiß, was die Offiziere um Stauffenberg tatsächlich erreicht hätten, wäre der Anschlag auf Hitler am 20. Juli 1944 geglückt. Vielleicht hätten sie die Nazi-Regierung tatsächlich gestürzt, den Krieg verkürzt und Millionen Menschenleben gerettet. Vielleicht aber wäre ihr Staatsstreich trotzdem gescheitert, ein Nachfolger hätte die Führer-Position eingenommen und Krieg und Holocaust wären unverändert weitergelaufen.
Der wirklichen Antifaschisten gedenken
Sicher ist jedoch, dass das Hitler-Attentat der einzige Versuch der Stauffenberg-Gruppe war, den Lauf der Geschichte zu ändern und ihre Mitglieder zuvor führend an den Massenmorden der Wehrmacht beteiligt waren. Kommunisten und Sozialdemokratinnen, Gewerkschafter, christliche Gemeinden und Widerstandskämpfer dagegen hatten bereits seit 1933 daran gearbeitet, Menschen zu retten, die Wehrmacht zu schwächen und den Krieg zu verkürzen.
Ihre Taten scheinen vielleicht weniger aufregend, sie kamen nicht an die Person Adolf Hitler heran und sie lassen sich nicht auf einen einzelnen Gedenktag wie den 20. Juli festlegen. Doch verdienen diese wirklich antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und -kämpfern eher ein Gedenken als die Gruppe um Stauffenberg, die Hitler nur stürzen wollte, um den Nationalsozialismus zu retten.
Erstveröffentlichung am 05.08.2020 auf MARX21
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