Sozialismus und Recht

Erste Regeln für Verhalten und Tauschen entstanden in der Bronze- und Eisenzeit. Sie gelten als Vorläufer von heutigen Gesetzen | Photo: Videoscan YouTube

Als theoretische Grundlage derartiger Untersuchungen dient die Feststellung von Marx und Engels im Manifest, das Recht der Bourgeoisie sei nur der zum Gesetz erhobene Wille der Bourgeoisie.

 

Der Inhalt dieses Willens sei gegeben in den materiellen Lebensbedingungen der bürgerlichen Klasse.
(Vergleiche Karl Marx, Friedrich Engels, Manifest der Kommunistischen Partei, Werke, Band 4, Dietz Verlag Berlin, 1960, 477).

“Juristen sind reaktionäre Menschen“
(August Bebel)   

Von Heinz Ahlreip – 16. März 2024 | Nachdem die Entwicklung der Produktivkräfte die Menschen in die Lage versetzte, mehr zu produzieren, als sie für ihren Lebensunterhalt benötigten, änderten sich auch ihre Lebensinteressen. Damit konnten Güter in den Händen weniger rein kopfarbeitender, als Regierungsspezialisten tätiger Menschen angehäuft werden. Die Gesellschaft spaltete sich in Klassen. Es gab Menschen, die Eigentümer waren, und andere, die kein Eigentum besaßen. Die Eigentümer strebten danach, ihren Besitzstand zu erhalten und zu vergrößern, indem sie sich das Mehrprodukt anderer aneigneten. Infolge ihrer unterschiedlichen Lage bildeten sich zwischen Eigentümern und Nichteigentümern auch entgegengesetzte Interessen heraus. Das war kein bloßer Gegensatz zwischen einzelnen Menschen, sondern der Gegensatz zwischen Klassen.

„Auf einer gewissen, sehr ursprünglichen Entwicklungsgeschichte der Gesellschaft stellt sich das Bedürfnis ein, die täglich wiederkehrende Akte der Produktion, der Verteilung und der Austauschbarkeit der Produkte unter eine gemeinsame Regel zu fassen, dafür zu sorgen, dass der einzelne sich den gemeinsamen Bedingungen der Produktion und des Austausches unterwirft. Diese Regel, zuerst Sitte, wird bald Gesetz. Mit dem Gesetz entstehen notwendig Organe, die mit seiner Aufrechterhaltung betraut sind – die öffentliche Gewalt, der Staat.“
(Friedrich Engels, Zur Wohnungsfrage, Werke, Band 18, Dietz Verlag Berlin, 1960,276).
 

Es entstand eine Form der Ordnung und Organisation der Gesellschaft, die den Interessengegensatz zwischen den Klassen widerspiegelte, seiner Aufrechterhaltung und Regulierung diente: der Staat und das Recht. Die Entstehung des Rechts war also – wie die des Staates – als sozialer Vorgang ein Aspekt des Auflösungsprozesses der Urgesellschaft. Der Entstehungsprozess des Rechts fiel im Wesentlichen in die Bronze- und Eisenzeit und erstreckte sich über mehr als vier Jahrtausende. Nachdem sich aus der Überschussproduktion über das zum Leben Allernotwendigste die Möglichkeit der Klassengesellschaften und aus ihnen entspringenden Staatsbildungen zum ersten Mal in der Geschichte ergeben hatte, waren diese neuen gesellschaftlichen ökonomischen Formationen keine stationären, sondern durch die Entwicklung der Produktivkräfte über die antike Sklaverei, die feudale Leibeigenschaft, die kapitalistische Lohnsklaverei bis hin zum Imperialismus sich entwickelnde. 

Mit dem Übergang zum Imperialismus und der Unterordnung des bürgerlichen Staates unter die Monopole wurde das bürgerliche Recht immer mehr Ausdruck der Interessen und des Willens sowie Instrument des Monopolkapitals. Es dient jetzt zunehmend dazu, die Wirtschaft im Interesse der mit dem Staat vereinigten Monopole zu regulieren. Dies geschieht zwangsläufig auch gegen die Interessen der kleineren und mittleren Kapitalisten. Verstärkt wird das bürgerliche Recht eingesetzt, um alle demokratischen Aktivitäten niederzuhalten. Dabei wächst die Tendenz, die vom werktätigen Volke der Monopolbourgeoisie abgerungenen demokratischen Rechte abzubauen. Der Imperialismus zeichnet sich negativ durch politische Reaktion auf der ganzen Linie aus. 

Die direkte Unterdrückung mit Hilfe strafrechtlicher, verwaltungsrechtlicher und anderer gerichtlicher Maßnahmen verschärft sich: Streiks werden von Gerichten für illegal erklärt; politisch engagierte, gegen die friedensbedrohende Politik aggressivster Herrschaftsgruppen auftretende Bürger mit polizeistaatlichen Schnüffelpraktiken unter Druck gesetzt und eingeschüchtert, Demokraten bekommen Berufsverbote auferlegt oder werden mit irrational hohen Sanktionen oder Bußgeldbescheiden überzogen. Diese Entwicklung führt zu verschärften Klassenauseinandersetzungen in der imperialistischen Welt. Sie ruft immer machtvollere Aktionen von Kommunisten und anderen demokratischen Kräften hervor, bei denen der Kampf um die Verteidigung und Erweiterung der Rechte und Freiheiten des Volkes einen gewichtigen Platz einnimmt.

Ordnung und Sicherheit sind auch im Sozialismus zunächst auf seiner ersten Stufe unerlässlich für ein Zusammenleben in der menschlichen Gesellschaft. Im Sozialismus sind sie darüber hinaus unabdingbare Voraussetzung für die Entfaltung der sozialistischen Lebensweise. Während das sozialistische Recht untrennbar mit der politischen Macht der Arbeiterklasse und dem sozialistischen Halbstaat, Halbstaat deshalb, weil hier zum ersten Mal in der Geschichte nur noch die Minderheit niederzuhalten ist, verbunden ist, ist das bürgerliche Recht lediglich ein Instrument, die Bourgeoisie zu vernichten, es liegt keine formale rechtliche Gleichheit der Menschen vor, sondern es liegt die Dialektik von Revolution und Konterrevolutionär zugrunde. 

Die Illusion in der bürgerlichen Ideologie besteht darin, dass es in Klassengesellschaften eine unabhängige Justiz geben könne. Die Justiz ist die Hure der deutschen Fürsten, hatte schon Büchner 1834 im Hessischen Landboten geschrieben, heute muss es heißen, die Justiz ist die Hure des Kapitals.  In der Roten Hilfe ist der Fall einer jungen Rechtsanwältin bekannt, die ihr erstes Mandat hatte: Ein Rentner mit Gebiss hat bei einer Demo einen Polizisten in Lederjacke in den Arm gebissen. Er wurde wegen Körperverletzung, nicht Sachbeschädigung, selbst die lag nicht vor, rechtskräftig verurteilt. Die Anwältin war bedient, sie wechselte den Beruf. 

Wie die Erfahrungen in den sozialistischen Ländern gezeigt haben, nimmt die Schaffung des sozialistischen Rechts eine längere Periode in Anspruch und vollzieht sich in unterschiedlichen Formen. Nichtsdestoweniger kennzeichnen den Entstehungsprozess des sozialistischen Rechts einige allgemeine Züge. Dazu gehören: juristische Fixierung der wichtigsten revolutionären Errungenschaften; Proklamierung der politischen und ökonomischen Grundlagen der Diktatur des Proletariats und Verkündung der sozialistischen Bürgerrechte; Aufhebung der Grundlagen des bürgerlichen Rechtssystems; Zerschlagung des bürgerlichen Justizapparates. 

Diktatur bedeutet nach Lenin eine Regierungsform, die an keinerlei Gesetz gebunden ist und sich unmittelbar auf Gewalt stützt, im Sozialismus auf die unmittelbare Gewalt der bewaffneten Massen. Die politische Geheimpolizei darf bei der Ausrottung konterrevolutionärer Subjekte, Gruppen und Klassen selbstredend an keinerlei Gesetz gebunden sein. Bürgerliche Ideologie hat Recht, wenn sie von sich aus von der sozialistischen Diktatur als von einem Unrechtsstaat spricht. 

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Über Heinz Ahlreip 110 Artikel
Heinz Ahlreip, geb. am 28. Februar 1952 in Hildesheim. Von 1975 bis 1983 Studium in den Fächern Philosophie und Politik an der Leibniz Universität Hannover, Magisterabschluss mit der Arbeit »Die Dialektik der absoluten Freiheit in Hegels Phänomenologie des Geistes«. Forschungschwerpunkte: Französische Aufklärung, Jakobinismus, Französische Revolution, die politische Philosophie Kants und Hegels, Befreiungskriege gegen Napoleon, Marxismus-Leninismus, Oktoberrevolution, die Kontroverse Stalin – Trotzki über den Aufbau des Sozialismus in der UdSSR, die Epoche Stalins, insbesondere Stachanowbewegung und Moskauer Prozesse.