Die ab 1517 nach der Verkündung der 95 Thesen Luthers die Spaltung der Christenheit auslösende Reformation fand in einem dünnbesiedelten Agrarland statt, in der finsteren Zeit der Leibeigenschaft war die Stadt noch abhängig vom Land.
Im Hintergrund gab es für Laienhistoriker nicht sofort erkennbare Antriebskräfte gesellschaftlichen Fortschritts: Die Erfindungen des Schießpulvers und des Buchdrucks und die Hanse, die vom 13. bis 17. zum Jahrhundert existierte und deren Ziel das Handelsmonopol in Nordeuropa war. In ihr konzentrierte sich gegen soziale Bewegungen ausgerichtetes, aus dem Zwischenhandel stammendes Kaufmannskapital, die Produktionstätigkeit war im Gebiet der Hanse gering. Es gab Fortschritte bei der Rohstoffgewinnung, die deutschen Bergleute galten als die besten der Welt
(Vergleiche Friedrich Engels, Der deutsche Bauernkrieg, Werke, Band 7, Dietz Verlag Berlin,1960,331).
Die Bauern trugen die gesamte Steuerlast. Die Leibeigenen wurden bis auf den letzten Blutstropfen ausgesogen
(Vergleiche a.a.O.,334).
Die Justiz wurde verschachert. Der Ausbruch der Reformation fiel in die Zeit der Vagabondage, die ihren Höhepunkt in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts hatte. Proletarische Elemente waren in der damaligen Gesellschaft nur embryonal vorhanden
(Vergleiche a.a.O.,339).
Die Strafe der Vierteilung war gang und gäbe.
Engels spricht in seinem ‘Deutschen Bauernkrieg‘ davon, dass alle Klassen eine verworrene Masse mannigfaltiger Stände bildeten, es gab keine Transparenz der Klassenspaltung, es gab kein massives atheistisches Bewusstsein, keine Zuspitzung gesellschaftlicher Verhältnisse in die Polarität von industrieller Lohnarbeit und industriellem Kapital, die erst die den Atheismus im Massenumfang ermöglichende technisch- industrielle Revolution bewerkstelligen sollte. Ohne diese keine Vereinfachung gesellschaftlicher Verhältnisse in zwei große, sich feindlich gegenüberstehende Lager: Proletariat und Bourgeoisie, ohne Transparenz gesellschaftlicher Beziehungen kein Atheismus
(Vergleiche Karl Marx, Das Kapital, Werke, Band 23, Dietz Verlag Berlin, 1960,94).
Religiöser Brei quoll in allen Gehirnen und aus ihnen, alle wissenschaftlichen Disziplinen an den Universitäten galten als Zweige der Theologie, der Papst bestätigte den Kaiser – vergleiche dagegen die Selbstkrönung Napoleons am 2. Dezember 1804 in Paris – das Milieu war gewiss ein religiöses, in dem die Spaltung der Christenheit und der aus ihr ideologisch folgende Bauernkrieg in der Phase des Übergangs vom Spätfeudalismus zum Frühkapitalismus stattfanden, in dem die Beter und Täter Thomas Müntzer und Martin Luther auftraten, sich beide auf die Bibel berufend, beide ihre Partei vollständig repräsentierend.
Im Feudalismus gibt es drei Ständelager: Das katholisch-reaktionäre, an der Erhaltung des Bestehenden interessierte, gebildet aus der Reichsgewalt, einem Teil der weltlichen Fürsten, dem reicheren Adel, den Prälaten und dem urbanen Patriziat, das lutherische bürgerlich-reformierende, weder dachte Luther an eine religiöse Spaltung noch an eine sozial-politische Revolution, dieses Lager gebildet aus den besitzenden Elementen der Opposition, der Masse des niederen Adels, der Bürgerschaft und einem Teil der Fürsten, der sich durch Konfiskation der geistlichen Güter zu bereichern hoffte und das plebejisch-bäurisch-revolutionäre, gebildet aus den besitzlosen und steuerpflichtigen Bauern (der Zehnte), deren Sprecher und Antreiber Thomas Müntzer war. An der Spaltung der beiden letzten Lager ging der Bauernkrieg zugrunde, wie heute die Gefahr besteht, dass der Klassenkrieg gegen die Bourgeoisie am Sozialdemokratismus zugrunde gehen kann; im Kapitalismus vier Klassen: Bauern, BOURGEOISIE versus PROLETARIAT, Adel. In einer feudalen Ständegesellschaft erscheint den Ideologen eine “Durcheinanderwürfelung“ (Engels) der Stände vorzuliegen, in einer bürgerlichen Klassengesellschaft sind es zwei Klassen, die nacheinander den geschichtlichen Verlauf prägen, erst die Bourgeoisie, dann das Proletariat.
Luther trat am 31. Oktober 1917 epochemachend auf, als er mit Hammer und Nägeln bewaffnet am Eingang der Schlosskirche zu Wittenberg 95 Thesen anschlug, um die katholische Kirche zu reformieren, wie gesagt nicht zu spalten. Unter anderem ging es um den sogenannten Ablasshandel, der es Christen ermöglichte, sich von Sünden freizukaufen. Luther kritisierte diese Praxis scharf: Was für die Kirche ein lukratives Geschäft sei, hätte für die Gläubigen keinerlei Wirkung. Er erblickte im römisch-katholischen Klerus die Vergifter der Welt, der mit Waffengewalt zur Strecke gebracht werden muss. Wir müssen unsere Hände in ihrem Blut waschen. Als aber durch die Thesen das ganze deutsche Volk in Bewegung geraten war, wendete sich das Blatt. Luther wurde Pazifist und rief zum friedlichen Widerstand auf, bald nannte ihn der Volksmund ‘Fürstenknecht‘, er war in eine schiefe Stellung geraten. Der Anti-Christ zu Rom wird ohne Gewalt fallen. Luther ließ die extrem-plebejische Bauernpartei jämmerlich im Stich und wurde zum erklärten Repräsentanten der bürgerlichen Reform, aber anfangs noch bedacht zwischen Revolution und Restauration eine vermittelnde Stellung einzunehmen. Die Flammen des bäuerlichen Aufruhrs schlugen höher als Luther es erwartet hatte und jetzt brachen alle Dämme der Zivilisation, jetzt ließ der “sozialdemokratische“ Biedermann die Maske fallen, er rief öffentlich zum Massenmord an den Bauern, die den großen, massiven Kern des deutschen Volkes stellten, auf.
„Man soll sie zerschmeißen, würgen und stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund totschlagen muß!„
schrie Luther.
„Darum, liebe Herren, loset hie, rettet da, steche, schlage, würge sie, wer da kann, bleibst du darüber tot, wohl dir, seligeren Tod kannst du nimmermehr überkommen.“
(Friedrich Engels, Der deutsche Bauernkrieg, Werke, Band 7, Dietz Verlag Berlin, 1960,350).
Die Büchse müsse unter die Bauernmassen sausen. Engels stellt einen Vergleich zur 48er Revolution her:
“Geradeso sprachen unsere weiland sozialistischen und philanthropischen Bourgeois, als das Proletariat nach den Märztagen seinen Anteil an den Früchten des Siegs reklamieren kam“
(a.a.O.).
Aber die Geschichte geht noch weiter: Der Sozialdemokrat Gustav Noske ließ in der Weimarer Republik die Büchse unter den Proleten sausen und der sozialdemokratische Polizeipräsident Berlins, Karl Friedrich Zörgiebel, Sohn eines Fabrikarbeiters, gab am 1. Mai 1929 den Schießbefehl frei, der das Schaffen und Leben von über dreißig Arbeitern beenden sollte.
Resümieren wir kurz:
Die große Masse des deutschen Volkes bis auf den letzten Blutstropfen ausgesogen, jeweils vier Pferde an beiden Armen und Beinen, Leibeigenschaft, weltanschaulicher Massenwahn, politischer Masochismus, ein ‘Professor der Heiligen Schrift‘, so Luthers offizieller akademischer Titel, der die Bibel so obrigkeitshörig auslegt, wie es kein Tellerlecker der absoluten Monarchie je zustande gebracht hat
(Vergleiche a.a.O.,351)
– ich weiß wirklich nicht, was es am 31. Oktober zu feiern gibt.
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