Parlamentarischer Terror

1968 Demonstration gegen die Notstandsgesetze. Zu gleicher Zeit verkündete Willi Brand, "Mehr Demokratie wagen!" und wurde seinem Ruf als Arbeiterverräter gerecht I Archivphoto

Es kann wohl kaum bestritten werden, dass der Parlamentarismus im Zuge der Emanzipation der Bourgeoisie gegen den Feudaladel und Klerus eine progressive Waffe gegen die Reaktion war.

 

Heinz Ahlreip – Autor I Redaktionsbeirat

Es wird oft übersehen, dass sich in der Neuzeit auf Grund sich entwickelnder Produktivkräfte und daraus folgender in sich selbst veränderter Produktionsverhältnisse zwei Arten von Demokratie herausgebildet haben, die bürgerliche Demokratie gegen den Feudalismus und die proletarische Demokratie gegen den Kapitalismus.  Der Klassenkampf der Bourgeoisie verläuft politisch parlamentarisch, der des Proletariats rätedemokratisch, gebunden an eine marxistisch-leninistische Kaderpartei.

Alle historischen Beispiele belegen, dass die Arbeiterklasse ohne Kaderpartei ihren Hauptfeind nicht niederringen kann, und sinnlos viel Blut, Schweiß, Tränen und Arbeit vergeudet. 

Marx sprach vom parlamentarischen Kretinismus und es ist bezeichnend, dass der Renegat Kautsky, den die Oktoberrevolution aufschreckte, just mit einer proparlamentarischen Kampagne begann, als diese Revolution die demokratische Überlegenheit der vom Volk gewählten Räte für alle arbeitsamen Menschen sichtbar machte. Um den dem bürgerlichen Parlament innewohnenden Terrorismus gegen die Werktätigen nachvollziehen zu können, ist es notwendig nachzuzeichnen

  •  wie Karl Marx den bürgerlichen Parlamentarismus kritisiert und
  •  Bezug zu nehmen auf die Bemerkungen, die Lenin zur Marxschen  Parlamentarismuskritik tätigt, notwendig deshalb, weil heute der bürgerliche Parlamentarismus das ganze deutsche Volk lähmt, quält, vergiftet und krank macht. 

Für Marx hatte die Pariser Commune gezeigt, dass diese im Gegensatz zum bürgerlichen Parlament eine arbeitende Körperschaft war, gesetzgebend und vollziehend zugleich. Diese Commune hatte den Ansatz, den Gegensatz zwischen Kopf- und Handarbeit aufzuheben. Lenin schreibt: “Einmal in mehreren Jahren zu entscheiden, welches Mitglied der herrschenden Klasse das Volk im Parlament niederhalten und zertreten soll – das ist das wirkliche Wesen des bürgerlichen Parlamentarismus, nicht nur in den parlamentarisch-konstitutionellen Monarchien, sondern auch in den allerdemokratischsten Republiken“
(Lenin, Staat und Revolution. Werke, Band 25, Dietz Verlag Berlin, 1960,435).
Das Volk zertreten – aber was ist das denn anderes als reaktionärer Terror, als gigantischer Terror, nach dem Übergang vom Konkurrenzkapitalismus in den monopolistischen und der mit ihm verbundenen Sprengung des Nationalen nur noch zu steigern durch Zertreten ganzer Völker? Davon zeugt das ganze 20. Jahrhundert. 

Nach Angaben des Bundesamtes für Statistik sind von 1990 bis 2022 in der BRD 296 Bundesbürger durch die Polizei ermordet worden, ohne eine Strafverurteilung. Die Mörder sind unter uns. Der Polizeiterror liegt offen vor. Aus ihren eigenen Eingeweiden zeugt die bürgerliche Gesellschaft fortwährend weiße Terrororganisationen in einem mehr oder minder offenen oder versteckten Bürgerkrieg hinein.  Und die Imperialisten haben in ihrer aasgeierhaften Unersättlichkeit vorgesorgt. Wenn sich heute revolutionäre und fortschrittliche Menschen eine Jahreszahl im Nachkriegsdeutschland merken müssen, so ist es das Jahr 1968. Nicht so sehr wegen der 68er Bewegung, die von ihrer kleinbürgerlichen Disposition her mehr rosaroten Schaum als revolutionäre Substanz abwarf,

sondern wegen der eiskalten Verabschiedung der Notstandsgesetze, die sich heute, 2023, in voller juristischer Blüte befinden.

Im Falle einer Erhebung des Proletariats warten die weißen Terrorapparate nur auf einen Wink des Parlaments, um blutig-volksfeindlich in Aktion zu treten.

In Bonn sind 60.000 Demonstrantinnen und Demonstranten auf der Straße.

Seit der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahr 2011 ist auch die Bundeswehr zu den weißen Terrororganisationen zu schlagen. Mit Vorliebe bezeichnen heute politische Halbanalphabeten die Bundeswehr als Parlamentsarmee. Das ist Augenwischerei. In Wirklichkeit ist heute diese reaktionäre Armee ein nationales Kriegswerkzeug des BRD-Kapitals gegen Millionen und Abermillionen Lohnarbeiterinnen und Lohnarbeitern. Und aus diesen Millionen, aus diesem nie versiegenden Quell heraus gilt es, systematisch in harter revolutionärer Arbeit eine militante Gegenmacht, ein Gegengewicht, eine Volksarmee aufzubauen. Schon 1847 hatte Marx im ‘Elend der Philosophie‘ notiert, dass die bürgerliche Gesellschaft unvermeidlich auf einen Bürgerkrieg der schrecklichsten Art zuläuft. Engels rief den Kapitalisten zu: ‘Schießen sie gefälligst zuerst, meine Herren‘. Nun, diese Herren ballern schon heute auf die Ukraine munter drauflos. Menschen und Menschenrecht zählen im Kapitalismus/Imperialismus nicht, der weiße Terror genießt juristisch abgesicherte Narrenfreiheit. 

 

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Über Heinz Ahlreip 115 Artikel
Heinz Ahlreip, geb. am 28. Februar 1952 in Hildesheim. Von 1975 bis 1983 Studium in den Fächern Philosophie und Politik an der Leibniz Universität Hannover, Magisterabschluss mit der Arbeit »Die Dialektik der absoluten Freiheit in Hegels Phänomenologie des Geistes«. Forschungschwerpunkte: Französische Aufklärung, Jakobinismus, Französische Revolution, die politische Philosophie Kants und Hegels, Befreiungskriege gegen Napoleon, Marxismus-Leninismus, Oktoberrevolution, die Kontroverse Stalin – Trotzki über den Aufbau des Sozialismus in der UdSSR, die Epoche Stalins, insbesondere Stachanowbewegung und Moskauer Prozesse.

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