MLPD (2) Die ideologischen Grundlagen

Polizisten bauen einen Stand der MLPD auf der DGB-Demonstration in Berlin für mehr Sozialpolitik und ein größeres Konjunkturprogramm zur Bewältigung der Finanzkrise ab I Photo: Twitter

„Eine Revolution ist ein reines Naturphänomen“, hatte Engels am 13. Februar 1851 an Marx geschrieben, „das mehr nach physikalischen Gesetzen geleitet wird als nach den Regeln, die in ordinären Zeiten die Entwicklung der Gesellschaft bestimmen. Oder vielmehr, diese Regeln nehmen in der Revolution einen viel physikalischeren Charakter an, die materielle Gewalt der Notwendigkeit tritt heftiger hervor“. Zu dieser Fundamentalbestimmung von Engels gerät Leo Trotzki in Widerspruch: „Unmittelbare Ursachen der Revolutionsereignisse sind Veränderungen im Bewusstsein der kämpfenden Klassen“.
(Leo Trotzki, Geschichte der russischen Revolution, Oktoberrevolution, Mehring Verlag, Essen, 2010, Seite 219)

 

Von Heinz Ahlreip | Auch Mao Tse Tong sieht in seiner Schrift ‘Über den Widerspruch‘ das Verhältnis von Basis und Überbau eher trotzkistisch, denn mit den Augen von Engels: Der nicht physikalische Überbau könne unter Umständen auch die materielle Basis bestimmen. Dieser Perversion folgt die MLPD. Indessen geht aber eine Denkweise, ob kleinbürgerliche, ob proletarische, unter in der materiellen Gewalt der Notwendigkeit. In der Arbeitsteilung zwischen Hand- und Kopfarbeit lag die Verführung, das Tun der Menschen aus ihrer Denkweise, statt aus ihren Bedürfnissen zu erklären.
(Vergleiche Friedrich Engels, Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen, in: Karl Marx / Friedrich Engels, Ausgewählte Werke, Progress Verlag Moskau, 1975, Seite 379)

Es war zum Beispiel diese materielle Gewalt in Form von Massendemonstrationen, während der Moskauer Prozesse, die im 20. Jahrhundert selbst den ‘Liebling der Partei‘ (so nannte Lenin Bucharin) vor Gericht brachte. Wir sehen hieran auch, wie sehr die revolutionären Prozesse 1917 und ff. von einer elitären Minderheit von Intellektuellen noch idealistisch gedeutet wurden. Es gibt auch heute noch diese elitäre Minderheit, die sich unbeachtet aller Revolutionsphysik an dem Schnuller der proletarischen Denkweise festgebissen hat, Arbeiteraristokratische Intellektuelle, deren geistige Kraft nicht ausreicht, sich aus idealistischer Befangenheit zu lösen. Warum? Das menschliche Denken hat nun mal die Eigenschaft, sich auf einer gewissen Entwicklungsstufe von der wirklichen Welt zu trennen, um sich dann nicht mehr auf seine Basis zurückzubesinnen, im Gegenteil, um aus der Trennung eine Selbständigkeit gegenüber der Wirklichkeit zu behaupten.
(Vergleiche
Friedrich Engels, Anti-Dühring, Werke, Band 20, Dietz Verlag Berlin, 1960, Seite 36) 

So hat dann die MLPD in Bezug auf Mao ein ganzes System der Lehre von der Denkweise entwickelt, das gegen die zur Zeit noch dominierende kapitalistische Gesellschaft ideologisch als Kampfwaffe in Stellung gebracht wird und nach dem primär durch Denken zustande gekommenen Sieg des Sozialismus, wir sagen als Schüler des Revolutionsphysikers Friedrich Engels durch Waffengewalt, als Gehirnwäscheinstrument gegen kleinbürgerliches Denken zum Einsatz kommen soll, wie es für Utopisten üblich ist: die Lösung gesellschaftlicher Widersprüche soll im menschlichen Kopf, im richtigen, sprich: im proletarischen Denken erzeugbar sein.  Der Kommunismus ergäbe sich dann daraus, dass alle Mitglieder der Gesellschaft von Stefan Engel abgerichtete Vögel in ihrem Kopf herumflattern haben, die ihnen von morgens bis abends, vom Aufwachen bis zum Schlafengehen die proletarische Melodey vortrillern.

Das deutsche Volk tut gut daran, der MLPD einen Vogel zu zeigen. Es ist bereits ausgeschlossen, dass das deutsche Volk auf den Denkweiseschwindel der MLPD hereinfällt, und zwar auf Grund seiner ganzen vielfältigen materiellen Tätigkeiten. „Aber gerade die Veränderung der Natur durch den Menschen, nicht die Natur als solche allein, ist die wesentlichste und nächste Grundlage des menschlichen Denkens, und im Verhältnis, wie der Mensch die Natur verändern lernte, in dem Verhältnis wuchs seine Intelligenz“.
(Friedrich Engels, Dialektik der Natur, Werke, Band 20, Dietz
Verlag Berlin, 1960, Seite 498)

Mit der Denkweiselehre hat sich die Partei in eine Sackgasse verrannt. Bis heute bleibt sie der internationalen Arbeiterbewegung den Nachweis schuldig, wie die Denkweise des Proletariats mit dem Fortschritt der Technik zusammenhängt? Darüber gibt es kein Material und logischerweise kann es auch keines geben. „Die Technologie enthüllt das aktive Verhalten des Menschen zur Natur, den unmittelbaren Produktionsprozess seines Lebens, damit auch seiner gesellschaftlichen Lebensverhältnisse und der ihnen entquellenden geistigen Vorstellungen“
(Karl Marx, Das Kapital, Ausgewählte Schriften, Band 2, Dietz Verlag Berlin, 1960, Seite 550).

Hier liegt eine klare Aussage von Marx gegen die MLPD aus dem Kapital vor: Aus den gesellschaftlichen Lebensverhältnissen resultieren die geistigen Vorstellungen. Trotzki, Mao und Stefan Engel sehen das anders. Letzterer sieht sich als Nachfolger von Willi Dickhut als Weiterentwickler des Marxismus-Leninismus.

Die MLPD steht mit ihrer Denkweise ohne Quellen bei Marx, Engels, Lenin und Stalin da bzw. aus der Denkweiselehre entquillt nichts Wissenschaftliches, eine Folge, die sich aus dem auf einen Denkweiseschwindel um frisierten Marxismus ergeben. Lenin schreibt über die prämarxistischen Materialisten, dass diese nicht nachforschten, wodurch die ideellen Motive der Menschen hervorgerufen werden, dass diese nicht die objektive Gesetzmäßigkeit in der Entwicklung des Systems der gesellschaftlichen Verhältnisse erfassten und dass diese nicht die Wurzeln dieser Verhältnisse im Entwicklungsgrad der materiellen Produktion erblickten.
(Vergleiche Lenin, Karl Marx, in: Lenin, Marx-Engels-Marxismus,
Dietz Verlag Berlin, 1960, Seite 17f.)

Der Entwicklungsgrad der materiellen Produktion ist entscheidend, auch in der Erklärung des Aufkommens einer Arbeiteraristokratie in der SU nach Stalins Tod, die Wurzeln zur Erklärung der Restauration des Kapitalismus in der SU können nur in der Ökonomie liegen. Wer heute der Arbeiterklasse die Kinderklapper der Denkweise in die Hand drückt, um zum Beispiel den Restaurationsprozess in der SU aufzuzeigen, macht sich lächerlich.  Die MLPD kann also nicht im Proletariat Fuß fassen, sondern nur bei Intellektualisierten, bei der Arbeitswelt Fernstehenden, bei Bevorrechteten, die in einer kleinbürgerlichen Atmosphäre groß geworden sind, bis zur mittleren Reife, gerade unreif genug, auf der einen Seite die Natur zu sehen und getrennt davon auf der anderen das Denken. So konnte die Lehre von der Denkweise in ordinären Zeiten bei ihnen greifen. Für die MLPD ist die proletarische Revolution kein reines Naturphänomen wie für Engels, sondern ein Denkweisephänomen wie für Engel. Uns wird von dieser sich marxistisch und leninistisch nennenden Partei nicht eine Revolutionsphysik dargeboten, sondern eine völlig in sich verbiesterte Revolutionsmetaphysik einer Sekte.

Liegen zwischen beiden, zwischen der urwüchsigen Revolutionsphysik von Friedrich Engels, und dem Rumgedenke von Stefan Engel nicht Lichtjahre?

 

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Über Heinz Ahlreip 77 Artikel
Heinz Ahlreip, geb. am 28. Februar 1952 in Hildesheim. Von 1975 bis 1983 Studium in den Fächern Philosophie und Politik an der Leibniz Universität Hannover, Magisterabschluss mit der Arbeit »Die Dialektik der absoluten Freiheit in Hegels Phänomenologie des Geistes«. Forschungschwerpunkte: Französische Aufklärung, Jakobinismus, Französische Revolution, die politische Philosophie Kants und Hegels, Befreiungskriege gegen Napoleon, Marxismus-Leninismus, Oktoberrevolution, die Kontroverse Stalin – Trotzki über den Aufbau des Sozialismus in der UdSSR, die Epoche Stalins, insbesondere Stachanowbewegung und Moskauer Prozesse.

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