Es weihnachtet bereits sehr

Die religionsbehaftete kapitalistisch ökonomische Gesellschaftsformation ist eine historisch vorübergehende. Um sie aber dennoch aufrecht zu erhalten, arbeiten sogar die ideologisch zerstrittenen Religionsführer weltweit zusammen | Photo: Videoscan YouTube

Es weihnachtet bereits sehr. Wir schlittern in die übliche Jahresendzeitirrationalität hinein, in der sich die für die kapitalistische Gesellschaft typische Infantilisierung ins Absurde noch einmal steigert. Die marxistisch dialektische Methode und der marxistische philosophische Materialismus sind gefordert. 

Von Heinz Ahlreip – 02. 11. 2024, 6:26 h | Die Religion ist Ausdruck dessen, dass den arm bleibenden Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums und dessen Verwertungsminorität ihre eigenen Produktionsbeziehungen im kapitalistischen Ausbeutungsprozess unbekannt sind.  Die Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft durch das Kapital liegt nicht offen vor, auch liegt damit die Wurzel religiöser Verblendung nicht offen vor, die sozialer Natur ist.

„Die soziale Unterdrückung der werktätigen Massen, ihre scheinbar völlige Ohnmacht gegenüber den blind waltenden Kräften des Kapitalismus, der den einfachen arbeitenden Menschen täglich und stündlich tausendmal mehr entsetzlichste Leiden und unmenschlichste Qualen bereitet als irgendwelche außergewöhnlichen Ereignisse wie Kriege, Erdbeben usw. – darin liegt heute die tiefste Wurzel der Religion“.
(Lenin, Über das Verhältnis der Arbeiterpartei zur Religion, Werke, Band 15, Dietz Verlag Berlin,1960,408).

 

Kitschig-infantile Weihnachtsfeiern drücken also den terroristischen Charakter aus, der der kapitalistischen Gesellschaft charakteristisch  ist. Es kommt darauf an, den richtigen Ansatz einer Religionskritik zu erfassen. 

Der menschliche Kopf kann Arbeitsprozesse planen und von anderen ausführen lassen. Das fing historisch schon früh in der Familie an. Und das stieg dem Kopf zu Kopfe. Der ganze Überbau, Recht, Politik, Religion, sie das Verkehrteste des Verkehrten … erschienen als reine Kopfprodukte, die bescheideneren Produkte der menschlichen Hand gerieten in den Hintergrund. Der mit Massenverdummung verbundene Pfaffenrummel ist bis heute Ausdruck eines unwissenschaftlichen Weltbildes und wird es bleiben, solange die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen vorliegt. Aus dieser ideologischen Verblendung heraus hat man Idioten und Kinder mit Pfaffensegen zu Königen gekürt. Darin liegt aber auch das Verhängnis der bürgerlichen Ideologie, der Weltanschauung der Unproduktiven, sie sucht den Schlüssel zur Erklärung der Produktionsweisen in den Köpfen bzw. in Ideen und nicht in diesen selbst.

„So war im 18. Jahrhundert eine Menge mittelmäßiger Köpfe damit beschäftigt, die einzig richtige Formel zu finden, um die sozialen Stände, den Adel, den König, die Parlamente etc. ins Gleichgewicht zu bringen, und über Nacht war alles – König, Parlament und Adel – verschwunden. Das richtige Gleichgewicht in diesem Antagonismus war die Umwälzung aller gesellschaftlichen Beziehungen, die diesen Feudalgebilden und ihrem Antagonismus als Grundlage dienten“.
(Karl Marx, Brief an W.P. Annenkow, Werke, Band 4, Dietz Verlag Berlin, 1960,556).

Aus einem unwissenschaftlichen Weltbild heraus kann man keine wissenschaftliche Weltentwicklung, also keine erhellende Erklärung der Natur- und Gesellschaftsentwicklungsgesetze erbringen. Reinen Kopfarbeitern ohne Praxisbezug entgleitet eine korrekte Relation   von Hand- und Kopfarbeit, denn die Hand ist nicht da ohne im Prozess des aufrechten Ganges, im Prozess der Menschwerdung des Affen. Der Ideologie als falsche Widerspiegelung der Wirklichkeit können ihre Aussagen als falsche durch die Fabrikerfahrung, durch die Praxis, durch das wissenschaftliche Experiment, durch die Entwicklung der finalkämpferisch angelegte Industrie,  durch die Kräfte der Wissenschaft nachgewiesen werden, zumal der marxistisch-leninistische Materialismus die Relation von Hand- und Kopfarbeit stimmig einnordet. 

Durch den immer mehr zunehmenden aufrechten Gang hochentwickelter menschenähnlicher Affen wurde deren Hand frei und durch diesen Schritt die Emanzipation freigegeben des Affen zum Menschen. Wie lang es auch gedauert hat, die Menschenhand erreichte jenen hohen Grad von Vollkommenheit,

“auf dem sie Raffaelsche Gemälde, Thorvaldsensche Statuen, Paganinische Musik hervorzaubern konnte“.
(Friedrich Engels, Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen, Werke, Band 20, Dietz Verlag Berlin, 1960,446).

Gemäß Darwins Gesetz der Korrelation des Wachstums wirkte sich die Vervollkommnung der Hand positiv auf die Entwicklung des ganzen menschlichen Körpers aus, auch auf die Entwicklung des Gehirns. Hand und Gehirn wirken zusammen und diesen Zusammenhang zerreißen Ideologen, die Vertreter antiker, feudaler und bürgerlicher Kopfarbeiter. Alle zivilisatorische Entwicklung wurde und wird Kopfarbeit zugeschrieben, die Hand ruhte in ideologischer Hinsicht. Ein fataler Schritt war vollzogen worden: Das Tun der Menschen wurde idealistisch-ideologisch aus ihrem Denken erklärt und nicht aus ihren Bedürfnissen. Das ist der Grundfehler der bürgerlichen Ideologen, die Unproduktiven müssen den Schlüssel zu den Wissenschaften inzestuös im Kopf suchen, nicht in der Produktion. So dreht sich in dieser verkehrten Welterklärung der Überbau um sich selbst. Der Überbau erklärt sich aus sich selbst, Ideen aus Ideen heckend. Die ökonomischen Entwicklungsgesetze der Gesellschaft als Ausgangspunkt einer wissenschaftlichen Weltanschauung laufen unter ferner Liefen. Die Kapitalisten verzichten gern auf den Produktions- und Profitausfall durch Weihnachtsfeiern. Sie holen das lässig wieder rein. Unaufgeklärte, unwissenschaftlich ausgerichtete, führungsbedürftige Proleten sind besser und leichter auszubeuten als revolutionäre, die begriffen haben, dass die religionsbehaftete kapitalistische ökonomische Gesellschaftsformation eine historisch vorübergehende ist und sich als deren Totengräber inklusive waldursprünglichen Mummenschanzes bewusst sind.  Engels sagt ganz richtig:

„Die Religion ist entstanden zu einer sehr waldursprünglichen Zeit aus missverständlichen, waldursprünglichen Vorstellungen der Menschen über ihre eigne und die sie umgebende äußere Natur. Jede Ideologie entwickelt sich aber, sobald sie einmal vorhanden, im Anschluss an den gegebenen Vorstellungsstoff, bildet ihn weiter aus; sie wäre sonst keine Ideologie, d.h. Beschäftigung mit Gedanken als mit selbständigen, sich unabhängig entwickelnden, nur ihren eignen Gesetzen unterworfene Wesenheiten. Dass die materiellen Lebensbedingungen der Menschen, in deren Köpfen dieser Gedankenprozess vor sich geht, den Verlauf dieses Prozesses schließlich bestimmen, bleibt diesen Menschen notwendig unbewusst, denn sonst wäre es mit der ganzen Ideologie am Ende“.
(Friedrich Engels, Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie, Werke, Band 21, Dietz Verlag Berlin, 1960,303).

Frohe und gesegnete Weihnacht!

 

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Über Heinz Ahlreip 115 Artikel
Heinz Ahlreip, geb. am 28. Februar 1952 in Hildesheim. Von 1975 bis 1983 Studium in den Fächern Philosophie und Politik an der Leibniz Universität Hannover, Magisterabschluss mit der Arbeit »Die Dialektik der absoluten Freiheit in Hegels Phänomenologie des Geistes«. Forschungschwerpunkte: Französische Aufklärung, Jakobinismus, Französische Revolution, die politische Philosophie Kants und Hegels, Befreiungskriege gegen Napoleon, Marxismus-Leninismus, Oktoberrevolution, die Kontroverse Stalin – Trotzki über den Aufbau des Sozialismus in der UdSSR, die Epoche Stalins, insbesondere Stachanowbewegung und Moskauer Prozesse.

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