Der kriminelle Charakter der Sozialdemokratie

Die SPD ist dabei einen 100Jahre alten Fehler zu wiederholen | Photo: Videoscan YouTube

Ein Beitrag zum Winterwahlkampf 2024/25

 

Heinz Ahlreip

 

 

Von Heinz Ahlreip 
19. November 2024

 

 

Die Geschichte wiederholt sich nicht. Zwar ist uns aus der Geschichte der klassischen bürgerlichen Revolution von 1789 der Klassenkonflikt zwischen den radikalen Jakobinern, eine Revolution in aufsteigender Linie verfechtend, und den gemäßigten Girondisten, gegensätzlich eine in absteigender repräsentierend, bekannt, aber das kann uns nur eine äußere Parallele beinhalten. 1789 spielte sich der politische Verkehr in sogenannten Clubs, in lockeren Vereinigungen ab; mit Programm und Statut durchkomponierte Massenparteien gab es noch nicht. 

Bemerkenswert ist, dass Lenin von den Bolschewiki als von Jakobinern mit dem Volk sprach, aber gerade er hatte eine disziplinierte, stark zentralisierte illegal und legal operierende Berufsrevolutionären-Kaderpartei auf einer Massenbasis konzipiert, zugeschnitten auf den illegal-legalen Vernichtungskampf sowohl gegen den russischen Absolutismus, was am 27. Februar 1917 gelang, als auch für den ab Mitte 1917 offenen Vernichtungskampf gegen die russische Bourgeoisie, was am 25. Oktober des gleichen Jahres wiederum aus der Illegalität glückte. 

Die mittlerweile 134 Jahre alte deutsche SPD war nicht immer eine bösartig die Arbeiterklasse betrügende Partei wie heute. Im Gegenteil, nach der Niederlage der Pariser Commune 1781, die die französische Arbeiterklasse auf Jahre, wenn nicht auf Jahrzehnte zurückwarf, übernahm die deutsche Sozialdemokratie in Europa den führenden Revolutionspart, sie glich nach Lenin als disziplinierte, den Reichstag geschickt ausnutzende Massenpartei der Partei, der derjenigen am nächsten kommt, die das Proletariat braucht, um siegen zu können.  

Die Partei hat aber nie ganz korrekt auf dem Boden des wissenschaftlichen Sozialismus gestanden, sonst hätte sich die Kritik von Marx und Engels sowohl am Gothaer als auch am Erfurter Programm erübrigt. Diese Kritik wurde nicht durchlitten, sondern undurchdacht zur Kenntnis genommen und aktenmäßig abgeheftet. Aber das ist ein ideologisches Thema für sich, uns interessiert hier und heute Kriminelles, das in der deutschen Geschichte seinesgleichen sucht und auf der Hand liegt. Bebel versteckte zum Beispiel einen Schlüsselbrief von Engels über den Pariser Commune-Halbstaat von 1871 16 Jahre lang in seiner Privatschublade, schon das war eine Straftat.  

Dass Gothaer Parteiprogramm wurde bei der Vereinigung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) unter August Bebel und Wilhelm Liebknecht mit dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) unter dessen letztem Präsidenten Wilhelm Hasenclever auf dem Gothaer Kongress vom 22. Mai bis 27. Mai 1875 vereinbart. Die resultierende Partei des sechstägigen Vereinigungskongresses war die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP), die sich 1890 in Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) umbenannte. 

Vor der deutschen Arbeiterklasse standen Ende des 19. Jahrhunderts am Wendepunkt des klassischen Konkurrenzkapitalismus zum imperialistischen Monopolkapitalismus zwei Wege: Erstens der Weg Kautskys, nach dem die Arbeiterparteien der II. Internationalen Friedensinstrumente, keine Kriegsinstrumente, darstellten. Die Völker wurden pazifistisch-opportunistisch eingelullt. Nur so lässt sich etwas auf den ersten Blick Unfassbares erklären: Ende Juli 1914 rief die deutsche SPD zu einer Demonstration gegen den imperialistischen Krieg auf, nur um eine Woche später am 4. August 1914 mit ihrer Reichstagsfraktion einstimmig umzufallen. (Liebknecht lehnte erst beim zweiten Bewilligungsantrag im Dezember 1914 ab.) Das war ein Schock – Lenin ging zunächst von einer „Ente“ des englischen Geheimdienstes aus. Die Partei war opportunistisch-parlamentarisch korrumpiert worden, konnte weder in den Bahnen eines Befreiungskrieges, schon gar nicht in denen einer sozialen Revolution denken. Der Opportunismus stumpft ab und entmannt die Revolutionäre. Die SPD wurde dem Imperialismus nicht gerecht; der Imperialismus ist eine Zeit der Militanz, der offenen Klassenschlachten, die Ära der proletarischen Revolutionen hat angefangen, die Ära der bewaffneten Zusammenstöße, sodass die Gedanken an den bewaffneten revolutionären Kampf und Aufstand immer massiver hätten werden müssen. In diesem revolutionären Geist und nur in diesem Sinn hat Lenin die bolschewistischen Parteikader in Russland im bewussten Gegensatz zu Kautsky erzogen. 

In Russland konnten 1917 Millionen und Abermillionen Menschen in der Phase der Doppelherrschaft (März bis Oktober) verfolgen, das die kleinbürgerlich-sozialdemokratischen Menschewiki und die kleinbürgerlich- sozialdemokratischen Sozialrevolutionäre, die im Revolutionsjahr 1905 die Teilnahme an einer revolutionären  Provisorischen Regierung  noch abgelehnt hatten, im Revolutionsjahr 1917 durch die Menschewiki Skobelew und Zereteli und durch die Sozialrevolutionäre Tschernow und Kerenski in einer konterrevolutionäre Provisorische Regierung zur Rettung der Revolution Platz nahmen, wie sie in das konterrevolutionäre Lager der Bourgeoisie übergingen. Die friedliche bolschewistische Aufklärung der Massen über den konterrevolutionären Charakter der russischen Sozialdemokraten zog immer größere Kreise und öffnete den Massen die Augen. Ohne diese friedliche Aufklärung ab den ersten Märztagen, besonders aber nach der Rückkehr Lenins aus der Emigration am 3. April 1917, ohne diesen Kampf um die Köpfe hätte es keine siegreiche Oktoberrevolution gegeben. Am 12. August 1917 ließ Kerenski die Maske fallen: Er werde die eigenmächtige Besetzung von Gutsbesitzerländereien durch Land arme Bauern und Landarbeitern mit “Blut und Eisen“ niederschlagen. Hier haben wir die faschistische Sprache der perversen Sozialdemokratie, die Sprache Bismarcks und Pinochets.   

So ergab sich durch die Oktoberrevolution eine vertrackte Konstellation: Das ökonomisch sehr rückständige kleinbürgerlich-agrarische Russland wurde politisch zur revolutionären Vorhut der Weltrevolution, das bis zum Versailler Vertrag vom 28. Juni 1919, durch den Deutschland zu einer zweitrangigen Nation herabgestoßen wurde, ökonomisch starke Industrieland Deutschland wurde weichenmäßig auf einen Hyperfaschismus mit Hilfe der SPD geeicht. Oder ist etwa nicht wahr, dass bei realen und sich abzeichnenden sozialdemokratisch-konterrevolutionär beherrschten Arbeiter- und Soldatenräten in Deutschland, im Zentrum Europas, allerdings noch im Rahmen einer bürgerlichen Revolution verbleibend, die deutsche Bourgeoisie aus Angst vor einem Gespenst der Revolution, vor einer schwachen revolutionären, nicht einmal kommunistisch geprägten Situation panikartig überreagierten und einer vertierten Freikorps-Soldateska die Tore von Berlin öffneten, um die  erst 16 Tage alten Kommunisten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, die Gründung der KPD fand am 30.  Dezember 1918 statt, am 15. Januar 1918 zu ermorden, also doppelte Beihilfe zum Mord an revolutionären Politikern, die der Entwicklung des Faschismus hätten erheblich gegensteuern können. Ebert/Noske oder Luxemburg/Liebknecht? – die deutsche SPD entschied sich für den Faschismus.  Denn natürlich geht es auf die Kappe von Sozialdemokraten, dass der Imperialismus den ersten revolutionären Ansturm der Massen nach dem ersten Weltkrieg überlebt hat und sich um 1923/24 wieder festigen konnte zur Entfaltung faschistischer Herrschaftsformen. Natürlich sorgte die deutsche SPD, dieser Abschaum der Menschheit, um ihrer selbst willen für Strafvereitelung der LL-Mörder. Liebknecht hatte vor dem Reichstag ausgerufen:

‘Solange Leben in mir ist, werde ich gegen den Militarismus kämpfen‘,
eben, das mögen faschistoid befangene Sozialdemokraten überhaupt nicht  leiden.
(Im Vorbeigehen ist noch zu vermerken, dass der Film:
‘Solange Leben in mir ist‘ im Bundesarchiv unter ID 252385 Sign.: B – 84787 aus rechtlichen (!!) Gründen online nicht verfügbar ist und auch digital nicht vorliegt. Er kann über dieses Archiv nicht aufgerufen werden. Aus jugendgefährdenden Gründen?).

Noske gab während der Märzkämpfe als Reichswehrminister im März 1919 einen mit seiner Unterschrift ab 10. März wirksamen Schießbefehl, dem bis zu 2. 000 Spartakisten zum Opfer fielen. Generalmajor Georg Maercker, Kommandeur einer jener Freikorpseinheiten, die Noske in Richtung Berlin und Lichtenberg ab dem 4. März in Bewegung gesetzt hatte, brachte es auf den Punkt:

„Im Kampf der Reichsregierung gegen die Linksradikalen handelte es sich ausschließlich um die Erhaltung der politischen Macht. Die Regierung aber fürchtete sich, Farbe zu bekennen und zu erklären, dass die Freiwilligentruppe dazu diene, die Räteherrschaft zu beseitigen, wo sie noch bestand.“
Generalmajor Georg Maercker, Kommandeur Noskes’s

Manchmal können auch reaktionäre Offiziere zitierfähig Verwendbares abgeben. Der Antihumanist Noske trieb es noch weiter: Die Bombardierung der Arbeiterviertel Berlins stand zur Debatte, damals noch durch Handabwurf aus der Flugmaschine heraus, der preußische Innenminister Wolfgang Heine bebte noch zurück angesichts dieser Ungeheuerlichkeit, ein Mann gab jedoch dazu seelenruhig seine Unterschrift, ja soll man schreiben der Faschist oder der Sozialdemokrat Noske.  

Die Weltwirtschaftskrise 1930 bis 1933, auch eine Weltagrarkrise, mit 24 Millionen Arbeitslosen weltweit vertiefte die Widersprüche zwischen Proletariat und Bourgeoisie immens. Der Bourgeoisie, insbesondere der deutschen, stieg das Wasser bis zum Hals, durch die Kontributionszahlungen stand das deutsche Proletariat nicht nur unter dem einheimischen Joch, sondern auch unter dem englischen und französischen. Sechs Millionen Stimmen für die KPD bei den achten und letzten Reichstagswahlen im März 1933 zeigten der deutschen Bourgeoisie eine große Gefahr an, wieder stellten deutsche Sozialdemokraten die Zeichen auf Faschismus, indem sie der Bourgeoisie halfen, die noch bestehenden bürgerlichen Freiheiten zu vernichten, das Parlament aufzulösen, um eine terroristische bürgerlich-nationale Diktatur zu errichten. Zwei fatale Umstände kamen der herrschen Klasse in Deutschland zu passe, eine nationale Partei, die sich sozialistische Arbeiterpartei nannte, und die kleinbürgerlich nationalistisch-bellizistischen Revanchegelüste. Ohne die antikommunistische, arbeiter- und kleinbauernfeindliche Grundhaltung der deutschen kleinbürgerlichen Sozialdemokratie, Paktierer-politisch mit der herrschenden bürgerlichen Klasse zusammenarbeitend, wäre dem Faschismus der Weg versperrt geblieben. Stalin führte auf dem vom 26. Januar bis zum 10. Februar 1934 stattfindenden XVII. Parteitag der KPdSU (Parteitag der Sieger) aus, dass die Sozialdemokratie dem Faschismus den Weg geebnet hat. Dass die deutsche Bourgeoisie nicht mehr parlamentarisch und bürgerlich demokratisch regieren kann, zeigt ihre Schwäche an.
(Vergleiche Geschichte der KPdSU (B), Verlag Roter Morgen, Dortmund 1976,377).

Schon hat die SPD einen neuen Noske in ihren Reihen gezüchtet: Boris Pistorius, ein Jahr 1982/83 schmalspurig akademisch ausgebildet an der katholischen Universität in Angers, die auch Victoria von Schweden besucht hat. Die katholischen Pfaffen haben eine Volksfeindlichkeit doch bereits einprogrammiert. 

Rosa Luxemburg hatte aus eigener Erfahrung geurteilt:

‘Die deutschen Sozialdemokraten sind die größten Schurken der Weltgeschichte‘,

Lenin sagte 1918:

‘Wir dürfen uns nicht länger Sozialdemokratische Partei nennen, wir müssen diese schmutzige Wäsche ausziehen, wie müssen uns KPR (für Bolschewiki/Mehrheit) nennen, weil wir den Kommunismus anstreben‘. 

Wie lange erträgt das deutsche Volk noch diesen faschistischen SPD-Gestank, diesen Leichengestank der Millionen in zwei imperialistischen Kriegen getöteten Arbeiter- und Bauernleichen, eingedenk der Tatsache, dass es perverse Kommunisten gibt, die noch heute die Zusammenarbeit mit linken Sozialdemokraten suchen. Das sind die gefährlichsten Volksfeinde. Angesichts eines drohenden dritten Weltkrieges, zu dessen Führung die Sozialdemokraten sich schon längst die Arme freigemacht haben, müssen wir Arbeiter und Landarbeiter zusammenstehen,

zersplittert sind wir nichts, vereint sind wir alles. 

 

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Dieses OnlineMagazin Der Revolutionär stellt kommunistische Weltanschauung zur Diskussion. Leider ist die bestehende Sichtweise über den Weg zum Sozialismus vielfach verfälscht, gelegentlich auch revisionistisch unterwandert und hat mit einer kommunistischen Ideologie wenig, gelegentlich auch gar nichts mehr zu tun. Viele Autoren, auch die Redaktion, befinden sich heute, durch unsere Altersstufe bedingt, im Ruhestand. Wir alle möchten aber unsere Erfahrungen als frühere „Parteikader“ weitergeben. Diese haben wir in der marxistisch-leninistischen Parteiarbeit und politischen Auseinandersetzung der 1970 bis 1990er Jahre gesammelt. Meinungsartikel und Gastbeiträge – auch wenn sie gelegentlich von der Meinung der Redaktion abweichen –  sorgen für ein breites Meinungs- und Informationsspektrum.

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Über Heinz Ahlreip 115 Artikel
Heinz Ahlreip, geb. am 28. Februar 1952 in Hildesheim. Von 1975 bis 1983 Studium in den Fächern Philosophie und Politik an der Leibniz Universität Hannover, Magisterabschluss mit der Arbeit »Die Dialektik der absoluten Freiheit in Hegels Phänomenologie des Geistes«. Forschungschwerpunkte: Französische Aufklärung, Jakobinismus, Französische Revolution, die politische Philosophie Kants und Hegels, Befreiungskriege gegen Napoleon, Marxismus-Leninismus, Oktoberrevolution, die Kontroverse Stalin – Trotzki über den Aufbau des Sozialismus in der UdSSR, die Epoche Stalins, insbesondere Stachanowbewegung und Moskauer Prozesse.

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