Was ich noch sagen wollte
Ein Kommentar von Heinrich Schreiber – 17. April 2022 |
Ich gehöre bekanntlich nicht zu den ständigen Zuschauern unserer angeblichen Qualitätsmedien. Aber gelegentlich sehe ich mir doch den einen oder anderen Film an. Das Ergebnis ist dann häufig, dass ich mich über den politischen Inhalt, der stets in den Filmen transportiert wird, maßlos ärgere. Es muss wohl eine masochistische Ader sein, die mich immer wieder zum Anschauen eines Film’s oder einer Serie führt, die in den diversen Mediatheken so bequem hinterlegt sind. Jetzt war es das fiktive Familiendrama „Weissensee“.
Um es vorweg zu nehmen: »21 Negerkinder auf dem Weg ins Glück« war Anfang der 1950iger Jahre eine Schlagzeile, in einer Frankfurter Zeitung. Die Schlagzeile wiederholte sich mehrfach, nur die Anzahl der Kinder war unterschiedlich. Aber ich will die Geschichte von Anbeginn erzählen.
Das Familiendrama Weissensee bedient so ziemlich alles, was den Abschaum von Stasi-Methoden hergibt. Durchweg werden so ziemlich alle Vorurteile und ein Schubladendenken in Szene gesetzt. Ich werde es allerdings nicht thematisieren, dass auch wir Marxisten-Leninisten unsere Probleme mit der Entwicklung der Staatssicherheit in der DDR haben, wo unsere Genossen der KPD/ML von der Stasi verfolgt und bis zu Acht Jahren Zuchthaus verurteilt wurden. Nein, hier geht es um die Darstellung, dass einer Mutter noch im Kreissaal ihr Kind weggenommen wurde. Das dies letztlich aus Opportunität zugunsten des Familienansehens der Protagonisten geschah, spielt eigentlich keine Rolle. Das war nun einmal Drehbuch!
Die Macher des Film’s wussten aber durchaus, dass diese Filmszenen an die Zwangsadoptionen erinnern würden, für die Margot Honnecker verantwortlich zeichnete. Ein übles Thema in Sachen DDR.
Aber Vorsicht, das gab es auch in der BRD!
Nach 1945 wurde der Westteil Deutschlands von Britten, Amis und Franzosen besetzt. Schon bald flirteten junge GIs mit deutschen „Frolleins“ und hinterließen ihre Spuren: Kinder kamen zu Welt, sogenannte Besatzungskinder. Die Sichtbarsten unter diesen Neugeborenen waren die Kinder aus Beziehungen afroamerikanischer US-Soldaten mit deutschen Frauen – die „Brown Babies“.
In den Medien werden Mütter erbarmungslos rassistisch und menschenverachtend befragt, ihnen wird pauschal die Erziehungsfähigkeit abgesprochen. Scheinheilig wird ihnen die Frage gestellt, ob eine Adoption nicht die beste Lösung für sie und die Kinder sei. Tatsächlich stimmen viele Mütter, zermürbt von der öffentlichen Hetze, einer anonymen Adoption zu. Ist die Mutter allerdings noch nicht volljährig, also unter 21 Jahren, ging automatisch die Vormundschaft auf das Jugendamt über. Dies Amt entschied dann nach eigenem Ermessen. Also auch gegen die leibliche Mutter! So verschwinden diese Kinder für immer in die USA, nach Australien oder einige skandinavische Länder. Dort kommen sie nicht selten in Familien, die sich aufopfernd um die Kinder kümmern und sie großziehen. Viele von ihnen können studieren, lukrative Berufe ergreifen und eigene Familien gründen. Doch die adoptierten Kinder leiden zeitlebens darunter, nicht zu wissen, wer ihre leiblichen Eltern sind. Bedauerlicherweise wurden in den Adoptionspapieren vielfach die Namen verändert oder gefälscht.
Es ist die Rede von 5 – 6.000 sog „Brown Babies“ deren Mütter allgemein als „Amihuren“ beschimpft wurden. Die Behörden glaubten, sie würden den Kindern etwas gutes tun, denn sie unterstellten, dass die europäischen Klimaverhältnisse für „Mischlingskinder“ ungesund sein. So kommen dann die Überschriften zustande, die ich für diesem Artikel benutzte.
Der erste Kontakt zwischen deutschen Frauen und den vorrückenden alliierten Truppen ist oft die Vergewaltigung, schreibt die Magdeburger Historikerin Silke Satjukow. Und es gibt schlimmste Schmähkampagnen, auch von den Politikern, die jetzt diese Frauen beschimpfen, und die sagen, „Diese Brut, diese Bastarde, diese Bankerte„, wie man sie damals im Wortlaut nannte, „die gehören nicht zu uns nach Deutschland, die müssen in die Herkunftsländer der Väter transportiert werden.“ Nur: Die Väter wollen sie auch nicht haben.
Wer da allerdings glaubt, Mütter mit weißen Kindern hätten es da besser gehabt, liegt häufig ebenso falsch, wie Silke Satjukow berichtet, denn:
einzig Frankreich interessiert sich für die Kinder seiner Soldaten. Die kleinen Franzosen werden ihren oft verzweifelten Müttern von Rechercheoffizieren noch am Wochenbett abgeschwatzt und in Kinderheime gebracht. Dort werden sie einer strengen Auslese unterworfen, gewogen, vermessen. Babys, die zu klein oder behindert waren oder in Frankreich zur Adoption nicht vermittelbar, konnten keine Franzosen werden und wurden – mitunter nach Jahren – den deutschen Müttern zurückgegeben. Die Betroffenen erläutern:„Die Ausgesonderten wurden den Deutschen zurückgegeben, mit dem Hinweis darauf, dass ihre französische Abstammung nicht hinreichend nachgewiesen werden konnte.“
So wird die Situation westdeutscher Frauen nicht von einer Margot Honnecker bestimmt, sondern von einem rassistischen und hassgeprägten Staat. Vielfach wird das noch mit den faschistischen Nachwehen, die Adenauer weiterhin begünstigt hat, begründet. Aber es ist menschenverachtend, rassistisch und frauenfeindlich. Da lenken die Medien doch gerne auf einen anderen Staat, der das auch tat. Nur niemand vergisst dies Unrecht. Und noch heute werden Feindbilder aufgebaut. Imperialistische Kriege brauchen diese Feindbilder, um Rechtfertigungen zu formulieren.
In diesem Sinne und nicht vergessen:
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Hoch die Faust und mutig vorwärts
Dieser Staat muss zertrümmert werden
Euer
Heinrich Schreiber
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