20. April 2025: Vor 27 Jahren löste sich die RAF auf – der Kampf bleibt aktuell

Am 20. April 1998 erklärte die Rote Armee Fraktion (RAF) ihre Auflösung. 27 Jahre später ist ihr Erbe aktueller denn je – in einer Gesellschaft, in der der Kapitalismus offener denn je seine Fratze zeigt, und der Imperialismus Europa erneut in einen Weltkrieg treiben könnte.

 

Von Heinz Ahlreip – 18. April 2025 | In seiner Biografie „Lieber wütend als traurig“ besuchte der Autor Alois Prinz das Grab von Ulrike Meinhof auf dem Berliner Dreifaltigkeitsfriedhof. Ursprünglich sollte dort eingraviert werden:

„Freiheit ist nur im Kampf um Befreiung möglich.“
Doch die Friedhofsverwaltung verweigerte diesen Satz.

Was sagt das aus über den Geisteszustand der deutschen Gesellschaft? Über jene bürgerliche Spießerseele, die schon am Begriff „Freiheit“ Anstoß nimmt – wenn er nicht in konsumfreundliche Worthülsen verpackt ist?

Diese Verweigerung ist Ausdruck einer Gesellschaft, die sich längst in ein ideologisches Totenhaus verwandelt hat. Die RAF versuchte, diesem Totenhaus nicht einfach zu entkommen – sondern es zu sprengen.
Ihre Erklärung zur Auflösung benannte das klar:

„Die RAF war der revolutionäre Versuch einer Minderheit – entgegen der Tendenz dieser Gesellschaft – zur Umwälzung der kapitalistischen Verhältnisse beizutragen. […] Das Ende dieses Projekts zeigt, dass wir auf diesem Weg nicht durchkommen konnten. Aber es spricht nichts gegen die Notwendigkeit und Legitimation der Revolte.“

Kein Mythos, sondern revolutionärer Versuch

Die RAF war ein Ausdruck einer radikalen Kritik an einem Staat, der seine Macht im Interesse der Banken, Konzerne und imperialistischen Bündnisse ausübt. Sie folgte damit einer politischen Linie, wie sie Heinrich Heine formulierte:

„Während meine Kollegen auf den Kopf des Adlers schielten,
achtete ich auf seine Krallen.“

Auch Bertolt Brecht hatte die Frage zugespitzt:

„Was ist ein Banküberfall gegen die Gründung einer Bank?“

Diese Frage ist aktueller denn je – etwa im Fall Daniela Klette, deren angeblicher Überfall auf einen Geldtransporter juristisch bröckelt. Selbst wenn der Vorwurf Bestand hätte:
Ist der Angriff auf die Geldlogistik dieses Systems moralisch schwerer zu wiegen als die tagtägliche Ausplünderung der Werktätigen durch Löhne, Mieten, Zinsen?

Rebellion gegen das bürgerliche Leitmotiv: „Jeder für sich“

Das gesellschaftliche Grundprinzip des Kapitalismus lautet: „Jeder für sich, Gott für uns alle.“
Wer versucht, diesen Zustand zu durchbrechen – auch mit umstrittenen Mitteln wie individuellem Terror – ist nicht automatisch der Kriminelle. Kriminell ist vielmehr derjenige, der diese Ordnung aufrechterhält. Das wusste schon Georg Büchner, der 1834 schrieb:

„Die Justiz ist die Hure der Fürsten.“
Heute müsste man sagen: die Hure der Kapitalisten.

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Mehr zum Thema RAF
von vor gut 14 Monaten, hier im ML-Magazin, DerRevolutionaer:

Daniela Klette – Die Fehler der RAF

Kriminalisierung und Ästhetisierung – zwei Seiten derselben Münze

Die bürgerliche Gesellschaft hat die RAF entweder verteufelt oder ästhetisch entkernt.
Einerseits wurde sie auf die reine Kriminalität reduziert – im Stil von „XY ungelöst“. Andererseits wurde sie durch plakative Pop-Kultur zur Poster-Ikone degradiert. Die RAF-Fahndungsfotos wurden zur „Warhol-Vorlage“ – ideal für Kunstgalerien, entleert von jedem sozialen Inhalt.
So wurde das eigentliche Anliegen – der Kampf gegen den Imperialismus und für eine gerechte Gesellschaft – unsichtbar gemacht.

Ihr Opfermut war nicht umsonst

Auch wenn die RAF ihr unmittelbares Ziel – den revolutionären Aufstand – nicht erreichte, war ihr Wirken kein sinnloser Akt der Gewalt, sondern Teil einer historischen Bewegung.
Lenin sagte über die russischen Intellektuellen, die 1881 Zar Alexander II. töteten:

„Sie haben den höchsten Opfermut entwickelt und die ganze Welt durch ihre heldenhafte terroristische Methode in Erstaunen gesetzt.
Sicher fielen diese Opfer nicht umsonst – sie haben zur revolutionären Erziehung des russischen Volkes beigetragen.
Doch ihr unmittelbares Ziel, eine Volksrevolution, konnten sie nicht erreichen.“
(Lenin, Ein Vortrag über die Revolution von 1905, Werke, Band 23, Dietz Verlag Berlin, 1959,251).

Auch das trifft auf die RAF zu. Ihre Grenzen lagen nicht in der Entschlossenheit – sondern in der fehlenden revolutionären Gesamtkrise, in der Abwesenheit einer starken marxistisch-leninistischen Kaderpartei .

 

Fazit: Die Revolte bleibt legitim

Die RAF war kein Irrtum, sondern ein historischer Ausdruck von Widerstand gegen die kapitalistische Totalität.

Der deutsche Imperialismus steht heute erneut an der Schwelle zu einem großen Krieg, angeführt von einer schmarotzenden Elite, wir nennen sie die herrschende Klasse, die dem Euro, der NATO und den USA hörig ist. Die soziale Frage wird täglich drängender, der Klassenwiderspruch täglich schärfer.

Was fehlt, ist nicht der Zorn. Was fehlt, ist die Organisation.
Der Kampf geht weiter – geführt nicht im Rückblick, sondern in der organisierten Vorbereitung auf die kommenden Erschütterungen des Systems.

Die RAF ist Geschichte –
der Klassenkampf ist Gegenwart.

 

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Über Heinz Ahlreip 132 Artikel
Heinz Ahlreip, geb. am 28. Februar 1952 in Hildesheim. Von 1975 bis 1983 Studium in den Fächern Philosophie und Politik an der Leibniz Universität Hannover, Magisterabschluss mit der Arbeit »Die Dialektik der absoluten Freiheit in Hegels Phänomenologie des Geistes«. Forschungschwerpunkte: Französische Aufklärung, Jakobinismus, Französische Revolution, die politische Philosophie Kants und Hegels, Befreiungskriege gegen Napoleon, Marxismus-Leninismus, Oktoberrevolution, die Kontroverse Stalin – Trotzki über den Aufbau des Sozialismus in der UdSSR, die Epoche Stalins, insbesondere Stachanowbewegung und Moskauer Prozesse.

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